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Tafel 9 Musik- und Berufsschule Klingenthal
Theoretische und praktische Ausbildung um 1930
© Archiv Musik- und Wintersportmuseum

Tafel 9 Musik- und Berufsschule Klingenthal

1843 wurde auf Anregung von Kantor Christian Friedrich Weber eine Schule zur Ausbildung von Arbeitskräften im Musikinstrumentenbau gegründet. Eine fundierte theoretische und praktische Ausbildung in Kombination mit Instrumentalunterricht sollte den Nachwuchs »auf dem Gebiet des Musikinstrumentenbaues … befähigen, Qualitätsarbeit zu leisten und damit den Ruf der heimischen Erzeugnisse und die Existenz der Musikinstrumentenmacher zu gewährleisten«.
Neben der Genehmigung wurden ihm am 1. November 1843 seitens der Regierung 100 Taler zur Beschaffung von Instrumenten zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig sicherte man ihm jährlich 60 Taler zum Erhalt seiner Gründung zu.
Mit der Weiterführung des Musikunterrichts wurden nachweisbar Rechnen, Deutsch und Zeichnen in den Lehrplan aufgenommen. Die Schule erhielt den Namen »Fachschule für Musikinstrumentenbau«.
1884 erfuhr die Schule durch die Gründung eines »Fachschulausschusses«, auch »Gewerbeschulausschuss« genannt, eine nicht zu unterschätzende Aufwertung. Lehrlinge aus sämtlichen »Handwerkskreisen« wurden aufgenommen, die endgültige Neuorganisierung zog sich aber bis zum Jahre 1889 hin.
Durch den Beschluss der »Gemischten Handwerkerinnung« im Jahre 1889, ihre Lehrlinge zur theoretischen Ausbildung in die »Fachschule für Musikinstrumentenbau« zu schicken, kam es zur Einrichtung von zwei Abteilungen, eine musikalische und eine gewerbliche (Schlosser, Tischler usw.).
Fünf Lehrkräfte wurden angestellt, zwei davon erteilten den Instrumentalunterricht und leiteten das Gruppenspiel für Streicher und Bläser. Drei davon, zugleich an der Volksschule tätig, unterrichteten die Fächer Hamonielehre, Musikgeschichte, Musiklehre, Gesang, Deutsch, Geometrie, Zeichnen und Buchführung.

Bis zu Beginn des 20. Jahrhundert ist auffällig, dass das Akkordeon und die Mundharmonika bis auf die Einführung des praktischen Unterrichts für Stimmer im Jahre 1880, relativ wenig Beachtung gefunden haben. Offenbar standen die gebräuchlichsten Orchesterinstrumente im Vordergrund.
In einem Bericht, geschrieben kurz nach 1900, ist zu lesen, … daß die Einrichtung  – die Schule – leider mit der Entwicklung bzw. mit der Umwandlung der Industrie nicht Schritt gehalten habe und diese noch immer der Streich- und Blasinstrumentenfabrikation, die beinahe am Aussterben begriffen sei, nachlaufe, dabei aber der hochentwickelten Zungenindustrie, die zu der Zeit unsere Gegend beherrschte und beherrscht, noch wenig genützt habe. Es sei aber noch nicht zu spät, das Versäumte nachzuholen. Die Schulleitung reagierte.
Ab 1906 und in den Folgejahren wurden Kurse für Erwachsene mit den Fachrichtungen Fräser, Stimmer, Richter (für Stimmzungen), alles Tätigkeiten für den Harmonikabau, und für Buchführung in das Lehrprogramm aufgenommen wurden.
1907 wird der bisherige 2-jährige Besuch der »Fachschule für Musikinstrumentenbau und Handwerk« auf drei Jahre ausgedehnt.

Seit 1914 nimmt die »Gewerbeschule für Musikinstrumentenbau und Handwerk des Amtsgerichtsbezirkes Klingenthal« auch Gesellenprüfungen ab.
1919 erhielt die Schule, zuerst im Alten Kantorat, und bis zum genannten Jahr in der Klingenthaler Volksschule untergebracht, ein neues Domizil, nämlich das 1912 errichtete Gebäude der Jahn’schen Handelslehranstalt am Amtsberg unter Verschmelzung der Handelsschule mit der Gewerbeschule, wie letztere umgangssprachlich genannt wurde. In diesem Gebäude befindet sich die Schule bis heute.

Damals bestand die Schule aus drei Abteilungen:
Musikvorschule Besucht von Kindern, die das 9. Lebensjahr erreicht hatten. Sie kamen meist aus dem Klingenthaler Raum. Der Unterricht diente in der Regel als Vorbereitung auf den Beruf des Musikinstrumentenmachers. Die 313 Schüler wurden in 110 Wochen­stunden unterrichtet.
1926 kam es zur Gründung eines Mundharmonika-Orchesters, 1927 gefolgt von einem Zupf- und einem Harmonikaorchester.
Lehrlingsabteilung Diese Abteilung gliederte sich in drei Jahrgänge mit Klassen für Musikinstrumentenmacher, Klassen für das Metallgewerbe und Klassen für andere handwerkliche Berufe. Neben den allgemeinbildenden Fächern erhielten die Lehrlinge auch Unterricht in berufsspezifischen Fächern und die Musikinstrumentenmacher-Lehrlinge auch weiterhin Musik­unterricht.
Kursusabteilung Fortführung der bereits erwähnten Kurse für Erwachsene.

1928 begann auch aus Platzgründen ein umfassender Umbau, weitere Lehrwerkstätten und Berufsausbildungen jenseits des Musikinstrumentenbaus wurden aufgenommen.
Das um- und ausgebaute, inzwischen der Stadt Klingenthal gehörende »Handelsschulgebäude« konnte Ostern 1929 im Rahmen der Jubiläumswoche der Sächsischen Harmonikindustrie geweiht werden. Der Saal erhielt zu Ehren des Klingenthaler Instrumentenhändlers Johann Wilhelm Rudolph Glier, der 1829 die Mundharmonika in seine Vaterstadt Klingenthal gebracht hatte, den Namen »Gliersaal«.

Eine Zäsur setzte der 2. Weltkrieg. Gegen Ende des Krieges wurde der Schulbetrieb komplett eingestellt. Das Schulgebäude diente als Lazarett. Im September 1945 erhielt Dr. Moll, später Direktor der Schule, vom Bürgermeister der Stadt Klingenthal die Genehmigung, den Schulbetrieb wieder aufzunehmen. Bis zur Räumung des Lazaretts wurde vorerst ein Unterrichtsraum im Rathaus genutzt, wo auch das Büro der Schule untergebracht war.
Wieder im angestammten Schulgebäude angekommen, wurde der Schulbetrieb, bestehend aus Musikschule und Berufsschule unter seiner Leitung weitergeführt.
1952 kam es zur organisatorischen Trennung von Berufs- und Musikschule.

Die weitere Entwicklung der »Abteilung Gewerbeschule« verläuft während der DDR-Zeit über die Stationen Kommunale Berufsschule, Betriebs(berufs)schule des VEB Klingenthaler Harmonikawerke, Schulkombinat des VEB Klingenthaler Harmonikawerke.
In der Gegenwart lernen die zukünftigen Musikinstrumentenmacher vor Ort in der Berufs- und Berufsfachschule für Vogtländischen Instrumentenbau. Möglich ist sowohl der duale Ausbildungsweg in Kombination mit einer Meisterwerkstatt oder Betrieb, als auch eine praktische Ausbildung in den schuleigenen Werkstätten.


Die Musikschule

Seit 1843 bildeten Musikschule und Berufsschule eine sich gegenseitig ergänzende, sinnvolle Einheit.
Die »Abteilung Musikschule« wurde am 1. Januar 1954 der Kreismusikschule mit der Hauptstelle Markneukirchen angegliedert und damit von der Gewerbeschule getrennt.
Die nach der politischen Wende 1989 vielseitig angestrengten Initiativen, beide Abteilungen wieder zu vereinigen schlugen fehl.
Doch auch heute noch sind beide Einrichtungen unter einem Dach ansässig. Die Musikschulausbildung ist Teil der Musikschule Vogtland.
 
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Titel: Tafel 9 Musik- und Berufsschule Klingenthal
Druckdatum: 25.04.2025