Tafel 8 Textiles Kunstgewerbe, Stickerei/Kammmacherei
Ausstellungsraum Weißstickerei Fa. Surmann
© Archiv Musik- und Wintersportmuseum

Tafel 8 Textiles Kunstgewerbe, Stickerei/Kammmacherei

Stickerei und Kammmacherei ernähren die Instrumentenmacher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten


Die Kammmacherei


1829 wurde in Klingenthal mit der Herstellung von Holzkämmen begonnen: Laut dem Chronisten Karl August Wolf soll sich hierzu folgendes zugetragen haben: »Eine hießige Einwohnerin hatte sich in einer benachbarten Stadt einen Kamm gekauft; derselbe wurde zufällig zerbrochen, und da sah man, daß er nicht von Horn, sondern von Holz war.« Geigenbaumeister Christian Friedrich Goram war zufällig Zeuge dieser Begebenheit und nahm die Idee des Holzkammmachens auf. Als Geigenbaumeister verfügte er über große Erfahrung im Umgang mit Holz, Intarsienarbeiten und Lacken, so dass das Kammmachen aus Buchenholz für ihn grundsätzlich keine Schwierigkeit darstellte.
Wirtschaftlich befanden sich sowohl der Instrumentenbau als auch die Stickerei gerade in einer Krise, so dass Meister Christian Friedrich Goram eine Prämie in Höhe von 50 Talern von der »Hohen Regierung« erhielt, weil er einen neuen Broterwerbszweig für die Bevölkerung begründet hatte. Zirka 30 Jahre lang fertigten nicht nur Geigenmacher und ihre Familien, sondern auch Klöppler und Sticker tausende Kämme, welche sich wohlhabende Frauen in Deutschland, Schweden und Spanien zur Zierde ins Haar steckten.
Die Stückzahl schwoll um 1830 auf etwa »vierzigtausend Dutzend und mehr monatlich« an. Glaubt man diesen Angaben, so haben 480.000 Kämme pro Monat die Stadt verlassen.
Zwischen 1830 und 1834 sprachen Zeitzeugen vom »goldenen Zeitalter«. Um 1837 gingen die Vorräte an Hartholz zur Neige und es wurden Neuanpflanzungen getätigt.
Für 1862 berichtete Pfarrer Wolf, dass es 6 Großhändler und 11 kleinere Händler gab, welche neben dem Handel mit Instrumenten auch den Handel mit Kämmen betrieben.
Etwa 35 Jahre sorgt das Kammmachen für bescheidenen Wohlstand. Dann wird das Gewerbe vom technischen Fortschritt industrieller Fertigung und neuen Modeidealen überholt.


Die Stickerei


1799 kam »Johanne Magaretha Uhlmann aus dem Baireuthischen« nach Klingenthal und brachte das Wissen über die Stickerei mit. Für fast 200 Jahre wurde diese Tätigkeit besonders für die Menschen in den Ortsteilen Sachsenberg (mit Ober-, Untersachsenberg, Georgenthal, Steindöbra und Aschberg), Brunndöbra und Zwota zu einer festen Einkommensquelle.
Die Bevölkerung stand dieser zeitaufwendigen und filigranen Arbeit durchaus offen gegenüber, schließlich war auch das Klöppeln im Vogtländischen Klingenthal bereits bekannt.
Um 1800 war das Sticken noch reine Handarbeit. Den Unterricht erteile Johanna Magarethe Uhlmann anfangs selbst. Dabei handelte es sich um die sogenannte »Schweizernähterei«, die Tambour-Stickerei (auch Tamburin-Stickerei). »Tambour« hängt mit dem Wort Tamburin zusammen – der Stich erfordert es nämlich, dass man den Stoff stramm in einen Rahmen spannt, wie bei einer Trommel, dem Tamburin. Benutzt wird außerdem eine spezielle Nadel, die sogenannte Tambournadel, welche in Gestalt einer sehr feinen Häkelnadel mit spitzem Widerhaken gleicht. Mit dieser stachen die Stickerinnen von oben durch den gespannten Stoff, nahmen unten den Faden auf und zogen ihn wieder nach oben, wiederholten das Ganze in Abständen. Das Fadenbild ergab schließlich mittels Kettenstich eine Schlaufenreihe. Im Prinzip »häkelten« sich die Stickerinnen durch den Stoff und gestalteten so Tischdecken, Kleidungsstücke, Accessoires und Wäsche.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ersetzten zunehmend mit Pedalen betriebene Maschinen die reine Handarbeit. In Gestalt einer Nähmaschine aber mit der besonderen Tabour-Nadel ausgestattet, erhöhten sie die Produktivität um ein Vielfaches. Sticken blieb jedoch weiterhin Heimarbeit. In Heimarbeit fertigten auch im 20. Jahrhundert Frauen und Männer die Tambour-Stickereiwaren. Doch auch das Stickerei-Gewerbe mit Weißstickerei (Spitzen) nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu und so berichtet Chronist Dörfel, dass: »in Klingenthal 6, in Untersachsenberg 12, in Obersachsenberg 1, in Georgenthal 2, in Zwota 2« Stickereien existieren, hinzu kamen in Untersachsenberg 7 und in Obersachsenberg 13 Stickereiwarenhändler. Geliefert wurden die Stickwaren nach Eibenstock im Erzgebirge ebenso, wie in die Spitzenstadt Plauen.


Das Klöppeln


Die Kunst des Spitzenklöppeln wird in erster Linie mit dem Erzgebirge verbunden. Doch auch im Raum Klingenthal war diese Handarbeit ein Broterwerb.
1792 wurde Christian Traugott Grimm als Sohn eines Klingenthaler Bogenmachers geboren. Bereits in jungen Jahren erlernte Grimm das Spitzenklöppeln. Vermutlich wurde diese Arbeit aus wirtschaftlicher Notlage heraus in der Familie bereits praktiziert. Doch Grimm begann sich intensiv mit dem Klöppeln zu beschäftigen.
1823 wurde sein Klöppelcurriculum veröffentlicht. Die Königliche Klöppelschule im erzgebirgischen Schneeberg kaufte Grimm das Lehrwerk ab. Inhaltlich sah es das schrittweise Erlernen der Klöppelkunst vor, welche schließlich systemaitisch zu einer Erhöhung der Produktivität und damit auch des Einkommens der Klöppler führen sollte.
Schließlich wird Christian Traugott Grimm in Wertschätzung seiner fachlichen Kenntnisse und wirtschaftlichen Bemühungen mit der Leitung dieser Schule betraut.
Doch schon am 12. Juni 1828 starb Christian Traugott Grimm im Alter von nur 36 Jahren. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Spitzenklöppeln in Klingenthal von der Stickerei größtenteils verdrängt.