Tafel 5 Der Bahnhof Klingenthal
© Archiv Musik- und Wintersportmuseum

Tafel 5 Der Bahnhof Klingenthal

Die erste Zugverbindung von Zwotental nach Klingenthal

1862: Mehr als zehn Jahre nach den ersten Bemühungen des Gemeinderates erhält Klingenthal die Nachricht über den geplanten Anschluss an das Eisenbahnnetz: »Am 5. April 1862 gelangte abends die Nachricht an, daß die Königliche Staatsregierung beschlossen habe, ein voigtländisch-böhmische Eisenbahn bauen zu lassen.«, schreibt Pfarrer Karl August Wolf in seinen »geschichtlichen Nachrichten« über das denkwürdige Ereignis.

1875 begann genau am Heiligen Abend, den 24. Dezember, für Klingenthal das Eisenbahnzeitalter. Vom Bahnhof in Zwotental nach Klingenthal pendelte von nun an die Eisenbahn. Da die Verhandlungen zwischen sächsischer und böhmisch-österreichischer Seite über den genauen Standort eines Grenzbahnhofes noch lange nicht abgeschlossen waren, hielten die Züge vorerst am provisorischen Bahnhof als Endstation. Dieser bestand lediglich aus Baracken. Vier Zugpaare täglich befuhren die Strecke.

Der Grenzbahnhof und das Bahnhofsgebäude

Die Verhandlungen der Regierungen in Dresden und Wien über den Standort des Grenzbahnhofes dauerten beinahe elf Jahre. Noch fehlte das Gleis zwischen Klingenthal und Graslitz, was den Export böhmischer Braunkohle erschwerte. Dies war der entscheidende Grund dafür, dass die österreichische Seite schließlich in einem Staatsvertrag dem Standort des Grenzbahnhofes in Klingenthal zustimmte um den Ausbau der Bahnstrecke zu ermöglichen.

1885: Spatenstich für den Bau des Empfangsgebäudes war am 11. April 1885. Rund 130.000 Kubikmeter Erdreich und Felsen mussten abgetragen werden. Für die damals riesige Summe 900.000 Mark entstand der 120 Meter lange Bau samt Nebengebäuden.

Im September 1886 wurde der Bahnhof Klingenthal zur Station II. Klasse erhoben.
1886: Am 1. Oktober ging der 6,9 Kilometer lange Abschnitt der Strecke Klingenthal/Unter-Graslitz ans Netz, betrieben von der privaten Buschtěhrader Eisenbahn. Benannt war diese nach dem Städtchen Buschtěhrad bei Prag, wo die Gesellschaft ihre erste Strecke hatte. Täglich verkehrten Güter- und Personenzüge zwischen Falkenau und Kling­enthal.

Die Nutzung des Bahnhofsgebäudes und Bahnhofsgeländes
 
Das gesamte Gelände war zwischen der Sächsischen und der Buschtěhrader Eisenbahn aufgeteilt, einige Anlagen wurden gemeinsam genutzt.
Dem 70,5 Meter langen Mittelbau mit einem Obergeschoss war in östlicher und in westlicher Richtung jeweils ein 15 x 21,5 m umfassender Gebäudeteil mit zwei Obergeschossen vorgelagert. Allein das Parterre hatte 27 Räume:
Im Mittelbau befanden sich die Zollrevision, Eisenbahndiensträume, Restaurationsräume sowie die Wartesäle, Küchen und Vorratsräume, Aufenthaltsräume für das Bahnpersonal, getrennt nach sächsischer und Buschtehrader Bahnverwaltung, die Weichenwärterwohnung, das Archiv, vier Abortanlagen. Im Westteil waren das Königl.-Sächs. Nebenzollamt II. Klasse und die K.K. Zollstation. Der Ostteil war dem K.K. Postkondukteur, dem Kaiserlichen Post-, Telegraphen- und Telephon-Amt II. Klasse vorbehalten. In den Obergeschossen befanden sich Dienstwohnungen der Beamten.

1938: Nach dem »Anschluss« des Sudetenlandes an das Deutsche Reich wurden 1938 die seit 1918 tschechoslowakischen Staatsbahn-Strecken von der Deutschen Reichsbahn übernommen. Die schon im Jahre 1892 in Betrieb genommene Bahnstrecke Falkenstein – Muldenberg erfuhr 1942 eine neue Relation: Herlasgrün – Falkenstein – Klingen­thal – Falkenau (heute Sokolov). Nicht nur Personenzüge sondern auch Güterzüge, insbesondere Kohlezüge nutzten die Strecke zwischen dem Egertal und dem Erzgebirgskamm. Wegen der schweren Beladung waren meist zwei, mitunter bis Schöneck oder Muldenberg sogar drei Loks notwendig, um die steilen Strecken zu bewältigen.

1938: Nach dem »Anschluss« des Sudetenlandes an das Deutsche Reich wurden 1938 die seit 1918 tschechoslowakischen Staatsbahn-Strecken von der Deutschen Reichsbahn übernommen. Die schon im Jahre 1892 in Betrieb genommene Bahnstrecke Klingenthal – Herlasgrün erfuhr 1942 eine Erweiterung: Herlasgrün – Falkenstein – Klingenthal – Falkenau (heute Sokolov). Nicht nur Personenzüge sondern auch Güterzüge, insbesondere Kohlezüge nutzten die Strecke zwischen dem Sudetenland und Sachsen. Wegen der schweren Beladung waren meist zwei, mitunter bis Schöneck oder Muldenberg sogar drei Loks notwendig, um die bergigen Strecken zu bewältigen.

Am 16. April 1945 wurde der Zugverkehr eingestellt.

Von Seiten der Tschechoslowakischen Republik wurde ab August 1945 der Eisenbahnverkehr mit Ausnahme eines Triebwagen zwischen Graslitz und dem Grenzort Markhausen (Hranicna) zum Zwecke der Personenbeförderung aufgegeben, am 17. Mai 1952 endgültig eingestellt.

2000: Die Eisenbahnbrücke, welche den Lauf der Zwota auf Höhe der Bundesstraße B 283 quert, wurde demontiert, erst im Jahr 2000 wiedererrichtet. Seither verkehren wieder Züge auf der Strecke Klingenthal – Graslitz (Kraslice). Die Strecke ist fortan Teil des grenzüberschreitenden Verkehrsprojektes »EgroNet«, welches die Euroregion »Euregio egrensis« sogar als externes Projekt anlässlich der Weltausstellung »EXPO 2000« in Hannover präsentierte.

2001: Für das von der Deutschen Bahn und staatlichen Behörden nicht mehr genutzte Bahnhofsgebäude wurde seit 1990 erfolglos nach einer neuen Nutzung gesucht. Der Abriss erfolgte 2011.

Die »Elektrische«

Für die seit 1829 stark wachsende Musikinstrumentenindustrie im Raum Klingenthal war die Anbindung an das Eisenbahnsystem ein großer Vorteil. Da sich die Orte über viele Kilometer erstreckten, war es notwendig, einen Gleisanschluss der großen Unternehmen zu erreichen. Schon 1896 wurde vom Bahnhof Klingenthal eine planmäßige Güterspedition mit Pferdefuhrwerken über Brunndöbra nach Untersachsenberg in Betrieb genommen. So konnten die Firmen ihre Erzeugnisse leichter zum Bahnhof transportieren lassen. Seit 1893 gab es Pläne zur Errichtung einer Schienenstrecke auf dieser Linie, doch erst 1910 fasste man einen entsprechenden gemeinschaftlichen Beschluss. Im Sommer 1913 wurde mit dem Bau begonnen. Die geplante Einweihung im Herbst 1914 konnte wegen des 1. Weltkrieges nicht stattfinden. Da wegen der Kupferrationierung die elektrische Fahrleitung nicht installiert werden konnte, wurde am 4. Oktober 1916 der Güterverkehr mit einer dampfgetriebenen, in Belgien erbeuteten Fairlie-Lokomotive aufgenommen.

1917: Am 14. Mai 1917 erfolgte die Eröffnung der einzigen elektrischen und kürzesten Schmalspureisenbahn Sachsens. Der Güterverkehr wurde mit E-Loks (genannt »Gidderompl« = Güterrumpel), der Personenverkehr mit Straßenbahnzügen betrieben.
Auf der 4,1 km langen Strecke gab es bis zum Endbahnhof Untersachsenberg(-Georgenthal) in 612 m. ü. NN zehn Zwischenstationen.

Im Juli 1960 erfolgte die Einstellung des Stückgutverkehrs, am 9. April ebenso der Wagenladungsverkehr auf sogenannten Rollböcken. Die letzte Straßenbahn im Personenverkehr fuhr am 4. April 1964.