Tafel 3 Handharmonika und Kirche
Akkordeonproduktion in den 1930er Jahren, aus einem Werbeblatt der Firma HESS
© Archiv Musik- und Wintersportmuseum

Tafel 3 Handharmonika und Kirche

Die Handharmonika

1852 gilt als Jahr des Beginns der Handharmonikaproduktion in Klingenthal. Beleg dafür ist die Chronik von Pfarrer Carl August Wolf, welcher für das Jahr 1853 vermerkte: „Das im Laufe des vorigen Jahres aufgekommene Fabriciren von Accordions oder Zieh-Harmonica’s g­e­langte in diesem schnell in Flor…“

Initiator dieser Fabrikation war damals Adolph Eduard Herold gewesen, der das Herstellen von Harmonikas in der Magdeburger Firma Fried­rich Gessner gelernt haben soll. Bereits 1829 hatte Cyrill Demian in Wien eine Patent auf ein „Accordion“ angemeldet, welches laut Beschreibung der Patentschrift eine wechseltönige Harmonika mit Akkorden, aber ohne Einzeltöne war.

In Klingenthal aber fertigte man schon bald alle Arten von Handharmonikas, deren Entwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielfältig voranschritt: Deutsche und Wiener Modelle, Akkordeons, Konzertinas und Bandoneons. – Teils in Fabriken, welche bereits die verwandte Mundharmonika produzierten (das tonerzeugende Element, die durch Luftzufuhr schwingende Tonzunge ist in beiden Instrumenten vorhanden), teils auch in neugegründeten Firmen.
Zu den eigentlichen Herstellern der Instrumente gesellten sich zahlreiche Zulieferer für Zubehör, Maschinen und Werkzeuge. Der bis heute in Klingenthal bedeutende Wirtschaftszweig des Werkzeugbaus hat seinen Ursprung in den speziellen Bedürfnissen der einstigen Harmonikaindustrie. Wegbereiter war der Maschinenfabrikant Julius Berthold (1845–1934).

Um 1900 war Klingenthal zu einem Weltzentrum des Harmonikabaus geworden.
Mitte der 1920er Jahre schätzte der deutsche Holzarbeiterverband Klingenthals die Jahresproduktion auf eine Million Handharmonikas. 1928 waren in Klingenthal mehr als 7000 Arbeiter im Harmonikabau tätig, mehr als zwei Drittel davon waren Heimarbeiter. Insgesamt waren 293 Harmonikabetriebe registriert. (Hierfür wurden jedoch auch zahlreiche Zulieferer einzelner Bauteile mitgezählt). Die Weltwirtschaftskrise 1929 und die zunehmende Isoliertheit während der Zeit des Dritten Reiches ab Mitte der 1930er Jahre bedeuteten für die stark auf Export ausgelegte Produktion Stagnation und Absatzschwierigkeiten. Der Zweite Weltkrieg brachte die Produktion fast zum Erliegen. Nach 1945 stieg die Nachfrage besonders nach chromatischen Akkordeons stark an.

Schon in den 1930er Jahren hatte das Piano-Akkordeon zunehmend die anderen Arten der Handharmonika verdrängt. Besonders bei den sowjetischen Besatzungstruppen waren diese Instrumente besonders beliebt. Unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen erfolgte zu DDR-Zeiten schließlich eine Zentralisierung der Produktion, welche mit Enteignungen und der Gründung der VEB Klingenthaler Harmonikawerke (KHW) im Jahr 1949 einherging. Schließlich war die Herstellung der Handharmonikas in einem einzigen Betrieb vereint. Wieder war die Produktion überwiegend für den Export bestimmt. 1964 zählte die Zentralverwaltung für Statistik 3451 Arbeiter in der Harmonikaproduktion.

Die politische Wende war auch das Ende der Blütezeit des Handharmonikabaus in Klingenthal. Im April 1999 waren noch etwa 120 Arbeiter in der Produktion tätig, 3 Prozent der Beschäftigten im Vergleich zu 1964. Aus dem VEB Klingenthaler Harmonikawerke wurden im Laufe der Jahre mehrere einzelne Firmen gegründet. Darunter auch die Weltmeister Akkordeonmanufaktur GmbH, welche bis in die Gegenwart noch am ursprünglichen Standort Instrumente produziert. In Nachfolge der traditionsreichen Geschichte des Handharmonikabaus seit 1852 wirbt die Firma selbst heute die „älteste Akkordeonmanufaktur der Welt“ zu sein.

Die Rundkirche „Zum Friedefürsten“

Die Rundkirche „Zum Friedefürsten“ ist eine von vier Rundkirchen und nach der wiederaufgebauten Dresdner Frauenkirche die zweitgrößte im Freistaat Sachsen. 1653–1736 stand an derselben Stelle ein einfacher hölzerner Bau. Auch diese Kirche trug bereits den Namen „Zum Friedefürsten“.

1717 hatte die Gutsherrschaft beim damaligen Gebietsherrscher Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz und den Sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen um Erlaubnis und finanzielle Unterstützung für einen Kirchenneubau gebeten. Doch erst am 12. Mai 1736 wurde der Grundstein für den Bau der Rundkirche „Zum Friedefürsten“ gelegt. Großen Anteil am Streben nach einem neuen Kirchenbau hatten die Protestanten aus Böhmen, welche als Exulanten in Folge des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) und der Rekatholisierung ihrer Heimat nach Sachsen übersiedelten.

So kam es auch, dass neben dem Kurfürst von Sachsen auch Graf Nostiz, der Gutsherr von Graslitz (Kraslice, Tschechische Republik), Stämme für den Kirchenbau stiftete. Mit einem Bildhauer unbekannten Namens aus Schönbach (heute Luby, Tschechische Republik) war es auch ein Künstler aus Böhmen, welcher den hölzernen Altar gestaltete.

Am 15. September 1737 wurde die Kirche geweiht: achteckig im Grundriss und mit drei Emporen bietet das Gotteshaus seither Platz für bis zu 800 Gläubige. In der 45 Meter hohen Kuppel befindet sich das Geläut.

1872 wurde in die Kirche eine von Gotthilf Bärmig aus Werda geschaffene Orgel eingebaut. Bis dahin fand eine Orgel des bekannten Adorfer Meisters Johann Paul Trampeli Verwendung. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Kirche mehrfach renoviert, Geläut und Glocken mehrfach erneuert und verändert. 1952 erhielt die Kirche ein neues Geläut, weil die große und mittlere Glocke im zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurden. Die neuen Stahlglocken wurden in Morgenröthe-Rautenkranz gefertigt. Auch in den darauffolgenden Jahrzehnten wurden am barocken Bau immer wieder umfangreiche Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten notwendig.

1989 war die Rundkirche „Zum Friedefürsten“ das Zentrum der gewaltfreien Demonstrationen zur politischen Wende in der DDR und der deutschen Wiedervereinigung. 2012 erhielt die Kirche schließlich drei neue Glocken aus Bronze. Geweiht wurden diese anlässlich des 275. Kirchenjubiläums am 1. September 2012 auf dem Marktplatz Klingenthal und erklingen seit dem 4. Dezember 2012.