Stadtgeschichte(n) Teil 32: Klar wie Glas und doch im Nebel
„daß wir Hanßen Herolden zum Falkenstein uff sein unterthenigstes Supplizieren, desgleichen unseren Forstmeister Hanß Abel Fickern u. Georg Geyern, Oberförstern einen Platz auf dem Schönecker Welden, nemlich von Matthes Knaspen Reinung an der Steindöbra, nauf bis an die Schwärter, und dannen bis auf den hohen Weg, bis wieder an Gedachten Knaspen Reinung oder Sachsenberg (…) Das benimbter Revier sie auf ihre Kosten eine Glashütten und etzliche darzu benothigte Wohnhäuser zu bauen (…)“.
Im Jahr 1639 wurde damit der Beginn der Siedlung Steindöbra beurkundet. Die Errichtung einer Glashütte durch Hans Herold, Hans Abel Ficker und Georg Geyer gab dem Klingenthaler Ortsteil dann im Volksmund den Namen „de Gloshütt“. Familiennamen wie Glaß oder Gläßer deuten noch heute auf mögliche Berufe der Vorfahren hin.
Sachsens Kurfürst Johann Georg I. gab die Genehmigung nicht zufällig für jene Stelle am Fuße eines hohen bewaldeten Berges, denn Glashütten verbrauchten Unmengen von Holz. Dafür aber wollte die Herrschaft kein wertvolles Bauholz opfern und überließ den drei Gründern also diesen Flecken Erde, weil „die Oerter die Böhmische Grenze angehet, die Gehölze sehr verdorret, umbgebracht und uff den Stamm verfaulet“ waren. Jenes Holz an der Herrschaftsgrenze war also ohnehin kein Verlust. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Wald an den steilen Hängen systematisch gerodet, denn der Ofen musste ständig brennen um die zur Glasherstellung notwendige Hitze zu halten, es brauchte Pottasche aus Asche. So kam vermutlich auch der Aschberg zu seinem trefflichen Namen. Die drei Gründer der Glashütte errichteten nicht nur Wohnhäuser, sondern auch ein Gebäude für „bedürftige Leute, benebst einer Schneide- und Mahlmühlen“. Weiterhin durften sie Backen, Schlachten und Brauen, das Jagdrecht war ihnen jedoch verwehrt.
Ab 1658 veräußerten die Inhaber die Glashütte, ab 1679 befand sie sich im alleinigen Besitz von Hans Carl von Carlowitz. 1690 wurde das Privileg des Äscherns entzogen, Carlowitz` Erben konnten es zumindest eingeschränkt wiedererlangen. 1727 wurde die Glashütte schließlich samt des Holzreviers am Aschberg für 14.300 Thaler an den sächsischen Landesherrn, Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke) verkauft und kam damit in die Amtsgerichtsbarkeit Georgenthal, so berichtet es Chronist Kurt Erich Dörfel nach Einsicht alter Urkunden.
Heute ist der Übergang zwischen den Orten Steindöbra, Obersachsenberg und Georgenthal fließend. Doch in den Grundbüchern finden sich noch die Gemarkungen der alten Orte Steindöbra, Obersachsenberg und Georgenthal.
Während beurkundete Privilegien den Beginn der Glasherstellung und die Besitzer der Glashütte sehr genau datieren, bleibt Weiteres im Nebel der Geschichte zurück:
Historiker vermuten, dass es böhmische Exulanten waren, welche das Wissen um die Herstellung von Glas in diese Gegend brachten, ähnliches ist bereits für Thüringen nachgewiesen. Auch in der vogtländischen Umgebung befanden sich um jene Zeit bereits mehrere Glashütten. Grundvoraussetzung waren reichliche Vorkommen von Quarz und Holz. Das farblose Klarglas war dabei Hauptprodukt für Gefäße und Fenster. Ob auch farbiges Glas hergestellt wurde, ist nicht bekannt. Auch der genaue Standort des Ofens kann nur vermutet werden. Der Klingenthaler Pfarrer Spranger notierte im Jahr 1737, die Mehrzahl der Häuser in Steindöbra sei in den 1830er Jahren errichtet worden, nur drei stünden etwas abseits und diese würden die „alte Glashütte“ genannt. Vermutlich ist kein Stück Glas erhalten geblieben, auf den Grundstücken findet sich manchmal noch Schlacke. Zwar blieb die Glasherstellung ein kleines und vielleicht auch kurzes Kapitel Klingenthaler Geschichte, aber immerhin lebt sie im Sprachgebrauch bis heute weiter. (XB)