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Stadtgeschichte(n) Teil 31: Die Violine des Heinz Kretschmer
… ist eine echte HOPF-Geige. Die Tochter von Heinz Kretschmer, der bereits 1943 an der Ostfront starb, hat sie nun dem Musik- und Wintersportmuseum Klingenthal geschenkt. Für die Sammlung ist die Violine ein bedeutsames Objekt, immerhin ist es ein Original aus der späten Mitte des 19. Jahrhunderts.
Nun ist die Violine also zurückgekehrt an jenem Ort, wo sie einst geschaffen wurde. Nicht dass die Violine in all den Jahrzehnten nicht spielbar gewesen wäre oder keinen Käufer gefunden hätte, nein es ist die emotionale Geschichte ihres Besitzers, welche sie nun zurück nach Klingenthal führte. Tochter Christa, selbst inzwischen hochbetagt und schwer krank, hat gemeinsam mit ihrer Familie entschieden dem Museum die Violine zu übergeben, so dass deren Verbleib für immer sicher ist. Ein lukrativer Verkauf hätte jene Gewissheit nicht gegeben. „Erzählen Sie ruhig die Geschichte, machen sie alles öffentlich, damit es eine Mahnung ist, wie sinnlos Krieg und Gewalt sind.“ – Jene Worte der Übergabe sind also Anlass, nicht nur den aus musealer Sicht äußerst erfreulichen Neuzugang der Sammlung zu vermelden, sondern auch an Heinz Kretschmer zu erinnern:
Heinz Kretschmer aus Zella-Mehlis in Thüringen war ein sportlicher Mann. Von Beruf Optiker führte er mit seiner Frau Elisabeth und den beiden Töchtern Christa und Gisela ein glückliches Leben. Als der Zweite Weltkrieg begann, verhinderte ein früherer Beinbruch lange den Einzug zur Deutschen Wehrmacht. Doch die Kriegsmaschinerie brauchte jedes Menschenleben und so wurde Heinz Kretschmer doch Soldat, Obergefreiter in einer Fernmeldeeinheit an der Ostfront. Bis am 17. Juli 1943 eine Bombe im Meldeposten einschlug und Heinz Kretschmer am Kopf schwer verwundet in ein Lazarett nahe Smolensk eingeliefert wurde. Splitter stecken tief in seinem Schädel und doch noch bei klarem Bewusstsein diktierte er dem Lazarettarzt einen Brief an seine Familie, in welchem er die Mutter seiner Kinder aufmunterte zuversichtlich zu bleiben. Heinz Kretschmer ließ den diensthabenden Chirurgen berichten, dass er alles versuchen werde, dass Leben des Familienvaters zu retten. Vom 22. Juli 1943 stammt die nächste Nachricht vom Lazarettarzt: „Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Mann, Obergefreiter Heinz Kretschmer … an den Folgen seiner schweren Verwundung gestorben ist.“ Damit endete das Leben des Heinz Kretschmer viel zu früh. „Ich kann mich noch genau erinnern, als uns die Nachricht überbracht wurde: Meine Mutter saß in der Mitte auf dem Sofa, auf der einen Seite ich, auf der anderen meine Schwester.“ Mit flüchtiger Handbewegung bricht Tochter Christa noch heute ihre Erzählung ab, die Erinnerung treibt Tränen in ihre Augen. Wohl in Vorahnung hatte der Vater der Tochter die Violine längst übergeben, am Tag der Todesnachricht wurde sie zur einzig greifbaren Erinnerung an den Vater.
Heinz Kretschmer ruht auf dem Soldatenfriedhof Smolensk. „Wünsche hat Ihr Mann keine mehr geäußert.“, schrieb im September 1943 eine Krankenschwester des Lazaretts an die Witwe. Der Wunsch von Christas Mutter Elisabeth, ein Foto vom Grab zu erhalten, wurde ihr nicht erfüllt, „die besonderen Verhältnisse im Osten“ würden dies unmöglich machen, hieß es in einer formellen Antwort der Wehrmacht. Tochter Christa jedenfalls erfüllte den Wunsch des Vaters, gut auf die Violine Acht zu geben. Nun hat sie die Erinnerung an das Musik- und Wintersportmuseum Klingenthal weitergereicht, in der Gewissheit, dass auch die emotionale Geschichte dazu bewahrt wird. (XB)URL: | |
Titel: | Folge 31 |
Druckdatum: | 21.11.2024 |