Folge 30

Folge 30

Klingenthaler Stadtgeschichte(n) – Folge 30 
Die Lade ist zurück – das Rätsel bleibt

Das Musik- und Wintersportmuseum Klingenthal hat geerbt. Im Dezember 2021 nahm die Große Kreisstadt Klingenthal per Stadtratsbeschluss das Erbe von Gunter Herold an. Er hatte testamentarisch dem städtischen Museum die Lade der Geigenmacherinnung samt historisch wertvollen Unterlagen sowie zwei Violinen vererbt.

Bereits 2016 konnten die für die Klingenthaler Sammlung so wichtigen Objekte im Rahmen der Sonderausstellung zum Jubiläum „300 Jahre Geigenmacherinnung Klingenthal“ gezeigt werden. Vermittelt hatte den Kontakt zu Gunter Herold Geigenbaumeister Ekkard Seidl aus Markneukirchen, welcher bei eigenen Nachforschungen zu Violinen der HOPF-Familie auf die Lade stieß und 2016 Mitglied der Arbeitsgruppe zum Jubiläum war. Provenienz, Alter und Echtheit waren dann bei Recherchen des Musik- und Wintersportmuseums einwandfrei bestätigt worden.

Dass die Innung bereits bei ihrer Gründung eine eigene Lade besaß, ist anhand der in den Innungsartikeln befindlichen Hinweise nachweisbar. In Artikel 15 ist bestimmt, dass „die Laden- und Vormeister dieser Kunst mit der Einnahme getreulich umgehen, das Geld und die Lade wohl verwahren, auch keiner vor sich allein öffnen und etwas daraus nehmen noch ausgeben. Zu dem Ende dann allezeit zwei Vormeister zu verordnen, davon jeder einen absonderlichen Schlüssel davon haben soll.“ Jene Lade aus den Anfängen der Innung gilt als verschollen.

Die nun im Musik- und Wintersportmuseum Klingenthal befindliche Lade ist anders und vor allem jünger. Aber auch diese Lade ist der Klingenthaler Geigenmacherinnung zweifelsfrei zuzuordnen: Vorfahren des Erblassers nahmen in der Innung Ämter wie Obermeister oder Vormeister ein und die in der Lade befindlichen Schriftstücke beziehen sich auf Angelegenheiten der Klingenthaler Geigenmacher.

Jochen Voigt, anerkannter Experte sächsischer Innungsladen ordnete das Objekt um 1830 ein. Bedenkt man außerdem dem Quellenhinweis der zwei „absonderlichen Schlüssel“ aus dem Innungsartikel, fehlt dieses Merkmal. Warum die Innung um 1830 eine neue oder weitere Lade anfertigen ließ, bleibt ungewiss. Gegen eine vorangegangene Vernichtung der ersten Lade spricht das erhaltene Konventbuch. Diese Dokumentation der Meistersprechungen wurde in der Regel in der Innungslade aufbewahrt. Hätte sie etwa ein Hausbrand vernichtet, wäre auch das Buch verloren gewesen. Vielleicht aber wollten sich die Innungsmitglieder mit einer neueren Lade noch einmal symbolisch gegen den beginnenden Verfall des Innungswesens stemmen, um 1850 ließ der Absatz von handwerklich gefertigten Geigen deutlich nach und eine halbindustrielle Fertigung in Arbeitsteilung hielt Einzug. Spätestens mit Einführung der Gewerbefreiheit 1862 ging das Brauchtum der Innungen unter. 1886 wurde die Klingenthaler Geigenmacherinnung formell aufgelöst.

Wiedererkennungswert haben in Bezug auf die Geigenmacherinnung Klingenthal die als Intarsien abgebildeten Instrumente, welche zumindest mehrheitlich denen der Meisterprüfung entsprachen. Dass es sich dabei um die in der Müller-Chronik erwähnte „Lade“ aus der Totenhalle handelt, halten Manfred Gäbler, Vorsitzender des Kuratoriums Musik- und Wintersportmuseum Klingenthal als auch die Sammlungsverantwortliche Xenia Brunner für höchst unwahrscheinlich. Die Lade entspricht in ihren Abmessungen dem Durchschnitt sächsischer Innungsladen und war für den von Arthur Müller erwähnten Inhalt zu klein. Müller sprach in Anbetracht von „einer schönen seidenen Fahne der Innung, Holz- und Blechschildern zum Gebrauche bei Begräbnissen“ von einer „großen Lade“. Historisch ist einwandfrei bewiesen, dass Innungen für die Aufbewahrung jener Gegenstände sogenannte „Totenladen“ nutzten, meist unverzierte Truhen, welche im Sprachgebrauch ebenfalls „Lade“ genannt wurden. Viele Innungen besaßen für verschiedene Zwecke gleich mehrere Laden, bis zu vier sind bekannt und in der Fachliteratur ausführlich beschrieben. So könnte es auch in der Klingenthaler Geigenmacherinnung gewesen sein.

Viele Jahrzehnte hatte die reich verzierte Lade unbeachtet auf dem Dachboden eines Brunndöbraer Hauses gestanden und verfiel. Gunter Herold rettete sie, ließ sie restaurieren und nutzte sie als dekoratives Möbelstück in der eigenen Wohnung.

Jetzt ist die Innungslade doch nach Klingenthal zurückgekehrt. Ab Frühjahr soll die Lade dann auch in der ständigen Ausstellung des Musik- und Wintersportmuseums gezeigt werden. Stand heute, ist es die wohl einzig noch erhaltene Lade einer Geigenmacherinnung im Musikwinkel. (XB)

 

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